Joseph, der
gerechte Mann
Predigt in der Franziskanerkirche Salzburg, 19.3.1975 und Loreto 18.3.1978
Einfach und schlicht vor der Welt, aber ganz gro§ im Reiche Gottes steht der Heilige des heutigen Tages, der hl. Joseph, da: Gro§ durch die Gnadenwahl Gottes, der ihn zum Gemahl der sel. Jungfrau Maria und zum jungfrulichen Vater Jesu Christi erkoren hat; gro§ durch seine Treue im Beruf und in der Pflichterfllung; gro§ durch seinen vorbehaltlosen Gehorsam gegen Gottes heiligen Willen; gro§ durch seine sittliche Sauberkeit und Reinheit; gro§ auch durch die Verehrung, die er im glubigen Volk genie§t, denn der hl. Joseph ist ja der Heilige des Volkes, der Volksheilige, der – wie man sagt – zu allem zu brauchen ist und immer hilft, weil er etwas versteht von Ehe-und Familiensorgen, von Berufs- und Haushaltssorgen, von Brotsorgen fr Leib und Seele.
Wenn wir von diesem gro§en Heiligen erfahren wollen, was wirklich gro§ an ihm war und ist, dann brauchen wir nur das ansehen, was die Kirche von ihm zu sagen und zu berichten wei§. Wir brauchen uns da beispielsweise nur jene Ehrentitel ansehen, die ihm in der Josephslitanei gegeben werden.
Da wird zuerst von der Abstammung des hl. Joseph gesprochen, dann von seiner Stellung zu Maria und Jesus, hierauf von seinen Tugenden und schlie§lich von seinem mannigfachen Patronat.
1. Die Abstammung des hl. Joseph: Die Litanei nennt ihn den ãerlauchten Spross Davids; durch diese Abstammung war der hl. Joseph wirklich gro§, denn er war adelig, aus uraltem kniglichem Geschlecht. Aber gr§er als durch den Adel des Blutes und der Geburt war der hl. Joseph durch den Adel des Herzens und der Gesinnung.
2. Die Stellung des hl. Joseph zu Maria und Jesus: die Litanei nennt ihn den Gemahl der Gottesmutter, den keuschen Beschtzer ihrer Jungfrulichkeit, den Nhrvater des Sohnes Gottes, den sorgsamen Beschtzer Jesu. Diese Titel verraten schon, dass nie ein Mensch in einem innigeren, zarteren, trauteren Verhltnis zu den heiligsten Personen Jesus und Maria stand und dass keinem Mann jemals schnere, gr§ere, verantwortungsvollere Aufgaben (diesen heiligsten Personen Jesus und Maria gegenber) anvertraut wurden als eben dem hl. Joseph.
3. Die Tugenden des hl. Joseph: Die Litanei nennt ihn in einer Reihe von Superlativen den Gerechtesten, den Keuschesten, den Weisesten, den Starkmtigsten, den Gehorsamsten, den Getreuesten; sie nennt ihn weiter Spiegel der Geduld und Liebhaber der Armut. Wahrlich, der hl. Joseph war gro§ auch in seinen Tugenden; und vieles lie§e sich der Reihe nach ber seinen Tugendreichtum sagen.
4. Das Patronat des hl. Joseph: Die Litanei nennt den hl. Joseph Patron der Arbeiter, Patron ber Familie und Haushalt, Patron ber die jungfrulichen Seelen, Patron der Kranken und Sterbenden, Patron, Schutzpatron der hl. Kirche. Welchem Heiligen ist ein so mannigfaches Patronat anvertraut wie dem hl. Joseph? Wahrlich, er ist auch darin gro§ und er nimmt sicher sein Patronat auch ganz ernst und erfllt auch da in vorbildlicher Weise seine Aufgabe, sofern er nur mit dem entsprechend gro§en Vertrauen angerufen und verehrt wird.
Wirklich Gro§es wei§ also die Kirche in der Josephslitanei von diesem Heiligen zu sagen und man knnte ber jeden dieser 25 Ehrentitel, die ihm da von der Kirche gegeben werden, vieles sagen.
Nur zwei Ehrentitel fehlen mir in der Litanei, die dem hl. Joseph ganz besonders gebhren; zwei Ehrentitel, durch die der hl. Joseph gerade fr unsere Zeit ein ungemein aktueller, zeitgem§er Heiliger wird; ein Ehrentitel, mit dem der hl. Joseph zwar nicht in der Litanei, aber in der Hl. Schrift ausgezeichnet wird. Das Wort, durch das der hl. Joseph in der Hl. Schrift gleichsam heiliggesprochen wird, lautet: ãJoseph war ein gerechter MannÒ
Joseph war ein Mann, und zwar ein rechter Mann, ein richtiger Mann, ein gerechter Mann. Das ist etwas Gro§es. Denn nicht jeder Mensch mnnlichen Geschlechtes ist auch ein wirklicher Mann; es gibt auch Hampelmnner, es gibt auch Lebemnner, es gibt aber so wenig Ehrenmnner, so wenig gerechte Mnner. Nichts aber tte unserer verworrenen, haltlosen und in so vieler Hinsicht schtigen Zeit mehr not als rechte Mnner, die diesem Namen Ehre machen.
Ich berufe mich fr diese meine Behauptung auf eine Autoritt, die da Bescheid wusste, ich berufe mich auf Papst Pius XII., der wie selten jemand das Zeitgeschehen berblickt und gewusst hat, was der Menschheit in der Zeit nach dem II. Weltkrieg besonders nottte. Pius XII. hat am Josephitag des Hl. Jahres 1950 in einer gro§angelegten Ansprache vor Journalisten davon gesprochen, was der Welt vor allem nottut. Da sagte er: ãDie Welt braucht vor allem Mnner, die diesem Namen Ehre machen: Mnner, geprgt mit dem Siegel einer wahren Persnlichkeit, die fhig sind, das Leben der Gemeinschaft von innen her zu erneuern, Mnner, die Gott, die Welt und alle Ereignisse in ihr, gro§e wie kleine, im Lichte unverrckbarer Werte und in der Kraft unwandelbarer berzeugung zu betrachten wissen. Von solchen Mnnern msste kraft der Lauterkeit ihres Urteils und ihres Herzens Stein um Stein zu jener festen Mauer gefgt werden, an der der Anprall der Gottlosigkeit und sittlichen Haltlosigkeit zerschellt. Zweifellos gibt es noch solche Mnner, doch leider in viel zu geringer Zahl. Ja, sie werden von Tag zu Tag seltener, da sie langsam von ehrfurchtlosen, innerlich abgestumpften und hemmungslosen Subjekten abgelst werden, die ohne Halt und Charakter von einigen Drahtziehern bequem gegngelt werden knnenÒ.
Seht, so ein Mann, der diesem Namen im Sinn der Forderungen PiusÔ XII. wahrhaft Ehre gemacht hat, so ein Mann, der geprgt war mit dem Siegel einer wahren Persnlichkeit, so ein Mann, der Gott, die Welt und alle Ereignisse in ihr im Lichte der Ewigkeit zu werten und zu betrachten verstand, so ein Mann mit der Lauterkeit des Urteils und mit der Lauterkeit seines Herzens, so ein Mann der Grundsatztreue und des Charakters, so ein Mann, der nicht ehrfurchtsvoll, innerlich abgestumpft und hemmungslos, sondern ehrfurchtsvoll, innerlich reich und tief, voll Beherrschtheit und Kraft war, so ein Mann steht am heutigen Tag vor uns: der hl. Joseph!
An diesem Mann gibt es nichts Weichliches und Schwchliches, nichts Krummes und Verbogenes. Kernig fromm, innerlich fest, sauber und rein, ein Mann des Charakters und ein Mann der Arbeit, ein Mann echter Frmmigkeit und unerschtterlichen Glaubens, so steht er vor uns in dem einen kurzen Satz, mit dem er in der hl. Schrift charakterisiert wird: ãJoseph war ein gerechter MannÒ.
Wahrlich, solche Mnner tten unserer Zeit not. Mit solchen Mnnern lie§e sich eine neue Welt, eine bessere Welt, eine glubige, christliche, glckliche Welt, in der Gerechtigkeit und Frieden herrschen, aufbauen. Dass doch unsere Mnner sich diesen Mann zum Vorbild nehmen mchten!
Aber auch den Frauen und der weiblichen Jugend kann man nur den Rat geben, das Ma§ fr den Mann, dem sie sich und ihr Glck anvertrauen, von dem hl. Joseph zu nehmen. Wie fallen heute so manche Mdchen bedenkenlos und haltlos auf grundsatzlose, charakterlose, glaubenslose Schlurfs herein, statt sich grundsatzfesten, charaktervollen, glubigen und sittlich hochstehenden Mnnern anzuvertrauen! So hat es jedenfalls die seligste Jungfrau Maria gehalten. Ihre Reinheit und Jungfrulichkeit, ihr Lebensschicksal und das ihres Kindes vertraute sie deshalb bedenkenlos dem hl. Joseph an, weil sie in ihm einen charaktervollen, grundsatztreuen, glubig frommen, sittlich sauberen Mann kennengelernt hatte, der in seiner mnnlichen Art nicht Dieb und Ruber, sondern Schtzer und Hter des hchsten Gutes, das sie besa§, sein wrde. Und er war es dann auch wirklich in vorbildlicher Weise in allen Lebenslagen, sei es in der seelischen Not der Zweifel ber die Herkunft des Kindes, das Maria in ihrem jungfrulichen Scho§ trug, sei es in der Not der Herbergsuche in Bethlehem, sei es in der Not der Flucht und des Flchtlingselends in gypten, sei es in der Bescheidenheit des Familienlebens in Nazareth. Ohne den hl. Joseph, diesen jungfrulichen Beschtzer Jesu und Maria, wre die seligste Jungfrau samt ihrem gttlichen Kind vielleicht nach alttestamentlichem Brauch der Steinigung zum Opfer gefallen; der hl. Joseph hat durch den jungfrulichen Ehebund, den er im Auftrag Gottes mit Maria schloss, schtzend seine starken Mnnerarme um die seligste Jungfrau gebreitet. – Ohne den hl. Joseph, diesen jungfrulichen Beschtzer des Jesuskindes, wre dieses der Grausamkeit des Herodes zum Opfer gefallen; ohne die mnnlich starke Hilfe und die treue, selbstlose Liebe des hl. Joseph wre wohl auch das Flchtlingslos in gypten fr Maria und das Jesuskind unertrglich gewesen. Der hl. Joseph hat in treuer, opferbereiter Vaterliebe und jungfrulicher Gattenliebe immer wieder fr die beiden heiligsten Personen Jesus und Maria gesorgt.
ãJoseph war ein gerechter MannÒ in der Liebe, in der Treue, in der Gottesfurcht, frei von Menschenfurcht und Feigheit, frei von Haltlosigkeit und Schtigkeit, ein Ehrenmann durch und durch, der ber sich Gott anerkannte, ihm gehorchte, ihm diente und darum auch zu den Mitmenschen, vor allem zu denen, die ihm anvertraut waren, allzeit die rechte Haltung einnahm: gerecht und recht.
Bitten wir diesen gerechten Mann um seine Frsprache bei Gott fr die Mnner, die Frauen, die Jugend, fr die gottgeweihten Mnner und Frauen im Priester- und Ordensstand und vertrauen wir darauf, dass doch die Mnner nicht aussterben, die so geformt sind wie dieser gro§e Heilige. Amen